Seit 2015 kann in der Stadt Bremen die Asche eines Verstorbenen auf privatem Grund, auf Friedhof-Streuwiesen und auf öffentlichem Grund ausgestreut werden. Aber es gibt auch Regeln, die einzuhalten sind.
Die Urne im Bücherregal wird es weiterhin nicht geben, doch ansonsten ist in der Stadt Bremen inzwischen mehr möglich als anderswo: Seit 2015 kann die Asche eines Verstorbenen auf privatem Grund, auf Friedhof-Streuwiesen und auf öffentlichem Grund ausgestreut werden. Es ist aber nicht so, dass der Inhalt der Urne einfach irgendwo hingestreut werden kann, vielmehr gibt es bestimmte Regularien, die eingehalten werden müssen. Welche, darüber haben sich Interessierte im Trauerraum in der Brunnenstraße informiert, wo ein Bestatter, ein Mitarbeiter der Behörde und die Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau, Maike Schaefer (Grüne), Auskunft gaben.
Zurück zur Urne im Bücherregal: „Das ist nicht erlaubt und wer nachweislich dagegen verstößt, macht sich strafbar“, mahnt Carsten Tornow vom Bauressort. „Es muss eine eidesstattliche Erklärung unterschrieben werden, dass die Asche ordnungsgemäß verstreut wurde.“ Für das Verstreuen gibt es dann eigens eine Streuurne: „Eine Bremer Streuurne, die bekommt man ausgehändigt, wenn man in Bremen verbrannt wird. Normalerweise ist eine Urne verplombt. Die Bremer Streuurne haben wir extra entwerfen lassen, sie ist aus Zellulose und sehr umweltfreundlich“, erklärt er.
Doch vor dem Verbrennen und dem Ausstreuen sind einige Formalien zu beachten: Zuerst einmal muss der Verstorbene vor seinem Tod den Wunsch nach einer Bestattung der eigenen Totenasche auf einem Grundstück außerhalb eines Friedhofs schriftlich verfügt haben. Dabei muss der Ort benannt werden, wo die Asche ausgestreut werden soll. Wichtig: Die Erklärung muss eigenhändig unterschrieben sein. „Und es muss klar sein, dass es der Wille der betreffenden Person ist“, sagt Heiner Schomburg vom Trauerraum. Eine Möglichkeit der Bestattungsverfügung ist auf der Website der Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau zu finden. Dort kann auch festgelegt werden, wer die spätere Totenfürsorge übernehmen soll. Sollte kein Totenvorsorgeberechtigter benannt worden sein, kann diese Funktion auch ein naher Verwandter ausüben. Der Totenfürsorgeberechtigte stellt nach dem Ableben der betroffenen Person einen Antrag auf Genehmigung einer Beisetzung der Totenasche außerhalb eines Friedhofs bei der Senatorin. „Es gibt mittlerweile einen Antrag pro Woche“, kann Carsten Tornow berichten, der auch dazu rät, mehrere Orte zu benennen: „Es gibt noch keine ausgewiesenen öffentlichen Flächen. Wir prüfen im Einzelfall, es muss ja auch angemessen sein. In die Weser geht es zum Beispiel nicht, das ist eine Bundeswasserstraße.“ Senatorin Maike Schaefer sagt, sie hätten erst einmal beschlossen, dass man sich auf allen öffentlichen Stellen verstreuen lassen darf, solange die Würde des Verstorbenen und anderen Menschen nicht verletzt werde. Eine Frage habe sie jedoch beschäftigt: „Eine Ausstreufläche zu suchen, das lassen wir gerade juristisch prüfen. Denn wenn man genügend Ausstreuungen hatte, ist das juristisch gesehen ein Friedhof. Nun kann aber keiner in Deutschland sagen: Ab wann ist es ein Friedhof? Und kann man dann auch privat einen Friedhof betreiben?“ Und wenn die Fläche tatsächlich als Friedhof gelte, was müsste dann bedacht werden?
Es ist also noch ein relatives Neuland, das die Behörde beschreitet. Bis zum 1. Juni vergangenen Jahres hat der Umweltbetrieb Bremen (UBB), der auch die Bremer Friedhöfe betreiben, darüber entschieden: „UBB hat nicht unbedingt ein Interesse daran, dass verstreut wird, denn schließlich wollen die auch Geld verdienen. Doch nun ist es flexibler“, sagt Heiner Schomburg, der auch sagt: „Über 70 Prozent wollen selber entscheiden, wo die Asche hinkommt.“
Nach der Genehmigung kann der Totenfürsorgeberechtigte die Urne nach Absprache abholen oder aber einen Bestatter mit der Abholung beauftragen. Die Asche selbst kann dann oberirdisch verstreut oder aber begraben werden. Es gibt dafür auch die Möglichkeit, die Aschestreuwiesen auf den Friedhöfen Osterholz und Blumenthal zu nutzen.
Wichtig sei es, die Wahl zu haben, meint Heiner Schomburg. Wenn die Ausstreuung auf privatem Grund erfolgen soll, müsse jedoch auch einiges bedacht werden: „Was ist, wenn der Vater stirbt und im heimischen Garten ausgestreut wird und zehn Jahre später stirbt die Mutter: Wenn die beiden zusammenkommen sollen, wie soll das dann gehen, wenn zum Beispiel das Haus verkauft werden soll?“ Oder wenn die Asche privat verstreut werde, ist dann der Ort vielleicht nicht frei zugänglich?: „Trauer ist individuell, jeder muss seinen Weg finden.“
Wichtig ist auch, dass der Verstorbene zu Lebzeiten seinen letzten gemeldeten Wohnsitz in Bremen haben musste. „Bremerhaven hat sich ausgeklinkt“, sagt Carsten Tornow, „Bremen ist bundesweit in dieser Hinsicht die fortschrittlichste Stadt.“ Insgesamt gilt also, vorzusorgen, meint auch Maike Schaefer: „Sich zu Lebzeiten Gedanken zu machen, das ist unser Credo.“
Von Matthias Holthaus
Der Originalartikel erschien im Weser-Kurier am 17.02.2020, 09:08.