Weser-Kurier vom 4. Mai 2010

Ein alternativer Raum zum Umgang mit dem Tod

Heiner Schomburg eröffnet Bestattungsunternehmen in ehemaligem Fahrradladen an der Brunnenstraße

VON MARIA WOKURKA
Steintor. Mitten im Viertel,unweit der lebhaften Meile,gibt es nun auch einen„Trauerraum“. Durch die Schaufensterscheibe des ehemaligen Fahrradgeschäftes in der Brunnenstraße15/16 ist ein Sarg zusehen, und während der Eröffnungsfeier dringt das Lachen der Gäste über den Berliner Platz. Ein Keyboarder spielt sanfte Melodien, Stühle stehen auf dem Bürgersteig, die Stimmung ist gelöst. Die Botschaft des neuen Bestattungsunternehmens: Der Umgang mit dem Thema Tod muss nicht schwer und ohne Hoffnung sein.

Der Diplom-Pädagoge und individuelle Bestatter Heiner Schomburg möchte einen Ort schaffen, an dem die Angehörigen von Verstorbenen Abschied nehmen können. Ganz persönlich und wie sie es sich wünschen. Heiner Schomburg, der auch als Rettungssanitäter gearbeitet hat, möchte dabei helfen, dass die Leute in Ruhe die für sie passenden Rituale finden und auch den Mut haben, so zu feiern. „Die Trauernden sollen alles machen können, was sie gerne wollen. Und das wissen sie selber meistens am besten. Viele Rituale empfinden die meisten in unserer westlichen Welt heute als hohl und leer.“ Nach wie vor bleibt es den Bestattern vorbehalten, Tote zu überführen, aber die Form des Abschiednehmens kann völlig frei gestaltet werden: „Wer Luftballons aufsteigen lassen, einen Tango tanzen oder den Verstorbenen in seiner Lieblingskleidung beerdigen möchte, der soll die Möglichkeit haben, genau das zu tun“, meint Schomburg. Viele wüssten nicht, wie groß ihre Entscheidungsfreiheit für die Bestattung sei.

Auch Ex-Bürgermeister Henning Scherf ist zur Eröffnung gekommen und spricht offen über das Sterben. Der „Trauerraum“ sei ein„ kreatives und mutiges Unternehmen“, ungewöhnlich und ein bisschen alternativ, findet der 71-Jährige. Erwünscht sich, dass Trauer in die Gesellschaft zurückgeholt wird. „Trauer ist doch eine Form von Beteiligung und Anteilnahme und sollte nicht zwingend mit dem Ende verbunden werden. Vielleicht steckt auch ein Neuanfang dahinter“, sagt Scherf. „Wir verschließen uns mit unseren Gefühlen nach dem Verlust eines Menschen und dann werden wir einsam.Wir sollten nicht Reißaus nehmen, sondern uns damit auseinandersetzen, was passiert ist. “Er wünsche sich beispielsweise etwas weniger von der getragenen Musik bei Trauerveranstaltungen: „Die Leute sollen mitsingen.“

Heiner Schomburg möchte dazu ermutigen, den inneren Impulsen zu folgen. Er selber hatte nie vor Bestatter zu werden. Bei einem Berufsorientierungsseminar fand er durch Zufall heraus, dass ihm der Umgang mit dem Tod liegt. Also machte er ein Praktikum bei einer Bremer Bestatterin, und acht Monate später entschied er sich für die Selbstständigkeit in diesem Bereich: „Die Arbeit hat mein Herz sehr bewegt“, sagt der 48-Jährige, der auch als DJ arbeitet. „Ich habe mir Gedanken gemacht und kam auf die Idee des Trauerraums. Und ich fand, es passte nirgendwo besser hin, als mitten ins Viertel.“ Heiner Schomburg kann sich noch viel vorstellen für die Zukunft des Trauerraums, eventuell auch ein Konzept für Sterbebegleitung. Außerdem sei der „Trauerraum“ offen für Filmvorführungen, Lesungen und Konzerte. Erklärungen für letzte Fragen bietet Heiner Schomburg nicht. Aber Trauernde sollen die Chance bekommen, eine persönliche Antwort zu finden und ihren eigenen Weg beim Abschied zugehen.

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